GEMA mit Tarifreform gescheitert

GEMA mit Tarifreform gescheitert

Die urheberrechtliche Schiedsstelle erteilt der GEMA-Tarifreform eine klare Absage. Die Tarifreform stelle „einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot dar“, da Nutzungsart, Nutzungsintensität und Nutzungsumfang bei der Tarifgestaltung nicht berücksichtigt und keine sachgerechte Differenzierung vorgenommen wurden. Damit sah die Schiedsstelle in der Tarifreform einen Verstoß gegen urheber- und kartellrechtliche Vorschriften. Die von der GEMA geforderten Tariferhöhungen bezeichnete die Schiedsstelle als „nicht angemessen“ und „überhöht“. Die Mehrzahl der im Streit stehenden Tarife bleibt völlig unverändert.

Die GEMA forderte Anfang 2012 eine umfassende Tarifreform, nach der aus elf bestehenden Tarifen nur noch zwei neue Tarife übrig bleiben sollten. Hiernach drohten vielen tausend Musikveranstaltern deutliche, zum Teil existenzgefährdende Erhöhungen, z.B. Discotheken durchschnittlich 500 Prozent, Musikkneipen sogar bis zu 2.000 Prozent. Auch diesen „Mondtarifen“ hat die Schiedsstelle eine klare Absage erteilt.

Mit gemischten Gefühlen nimmt die Bundesvereinigung der Musikveranstalter die nun vorliegende, fast 70 Seiten umfassende Schiedsstellenentscheidung zur Kenntnis. „So sehr wir uns über die Beibehaltung der bisherigen Strukturen, über sieben völlig unangetastete Tarife und über Entlastungen kleiner Veranstaltungen freuen, sind wir doch sehr verwundert über die zum Teil sehr deutlichen Erhöhungen in den Tarifen für Einzelveranstaltungen sowie für Musikkneipen, Clubs und Discotheken“, erklärt Ernst Fischer, Präsident des DEHOGA Bundesverbandes und Vorsitzender der Bundesvereinigung der Musikveranstalter.

Die Schiedsstelle folgte in wesentlichen Punkten der Argumentation der Bundesvereinigung der Musikveranstalter, die die bestehenden Strukturen für sachgerecht, nachvollziehbar und angemessen hält. Denn die elf unterschiedlichen Tarife sorgten in der Vergangenheit für ein hohes Maß an Einzelfallgerechtigkeit. Dies wird nun auch in der Zukunft so bleiben.

Auch der Versuch der GEMA, Gesamtverträge über die neuen Tarife mit anderen Organisationen, wie z.B. mit den Schützen, den Karnevalisten und weiteren kleinen Verbänden zu schließen, um so die Tarifreform durchzusetzen, scheiterte. Diese Vertragsabschlüsse stellen kein Indiz für die Angemessenheit der GEMA-Tarifreform dar, urteilte die Schiedsstelle.

Ergebnisse im Detail

Die Tarife für Varietébetriebe, Stadt- und Straßenfeste, Kleinkunstbühnen, Wortkabaretts, regelmäßige Musikaufführungen mit Musikern ohne Tanz, Musikaufführungen mit Musikern in Tanzlokalen und Musikwiedergaben mittels Tonträger in Table-Dance-Lokalen bleiben in ihrer Tarifstruktur und -höhe völlig unverändert.

Auch die Tarife UV-K I und M-U I für Einzelveranstaltungen mit Live- oder mit Tonträgermusik halten an den grundsätzlichen Tarifparametern (qm und Eintrittsgeld) fest. Diese werden nun ohne Zwischenstufen in 100 qm- und Ein-Euro-Schritten unterteilt. Allerdings hält die Schiedsstelle hier eine Linearisierung der Tarifsätze für sachgerecht.

Das hat zur Folge, dass sich vor allem Veranstaltungen in großen Räumen (z.B. 1.000-2.000 qm) und mit hohem, für die GEMA-Berechnung  „relevantem“  Eintrittsgeld (z.B. 20-50 Euro) um 80 bis 390 Prozent verteuern. Hinzu kämen Zeitzuschläge für über acht Stunden hinaus gehende Veranstaltungen.

Andererseits werden die GEMA-Gebühren für die überwiegende Anzahl kleiner Veranstaltungen in Räumen bis ca. 1.000 qm und einem Eintrittsgeld von bis zu 10 Euro um teilweise bis zu 49 Prozent günstiger. Im Hinblick auf die am stärksten von der beabsichtigten GEMA-Tarifreform betroffenen Musikkneipen, Clubs und Discotheken konnten zahlreiche, von der Bundesvereinigung der Musikveranstalter vorgetragene Sachargumente überzeugen. So hält die Schiedsstelle dann auch an der  bewährten, pauschalierten Regelung fest, gestaltet jedoch die Unterteilung nach Öffnungstagen neu (bisher: bis 16/über 16 Öffnungstage, zukünftig: bis 12, bis 18, bis 24, über 24 Öffnungstage).

Das über drei Euro (bei Musikkneipen) bzw. sechs Euro (bei Discotheken) hinausgehende Eintrittsgeld soll nun bei der Tarifberechnung berücksichtigt und mit entsprechenden Zuschlägen (13 Prozent je weitere ein Euro bei Musikkneipen bzw. 20 Prozent je weitere drei Euro bei Discotheken) belegt werden. Wenn dieser  Einigungsvorschlag umgesetzt werden würde, dann käme es für die Musiknutzung in Musikkneipen je nach Anzahl der „relevanten“ Öffnungstage zu Erhöhungen zwischen 30 bis 100 Prozent zuzüglich etwaiger Eintrittsgeldzuschläge. Für das Segment der Clubs und Discotheken mit bis zu sechs Euro Eintrittsgeld würden sich je nach Anzahl der Öffnungstage Steigerungen zwischen 45 bis 100 Prozent ergeben zuzüglich etwaiger Eintrittsgeldzuschläge. Zur Markteinführung wären Nachlässe für einen Zeitraum von fünf Jahren vorgesehen.

Preissteigerungen nicht nachvollziehbar

Die Bundesvereinigung der Musikveranstalter und ihre Mitgliedsverbände, wie z.B. der DEHOGA, halten diese von der Schiedsstelle vorgenommenen Erhöhungen der seit Jahrzehnten im Markt durchgesetzten Tarife, die im Übrigen jährlich der allgemeinen Preisentwicklung angepasst wurden, für nicht nachvollziehbar und unangemessen.

Sie wird daher den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle sehr sorgfältig analysieren und prüfen, ob der weitere Rechtsweg zum OLG München und zum Bundesgerichtshof beschritten werden sollte. Ausschlaggebend werden hierbei sicherlich auch die in Kürze beginnenden Tarifverhandlungen mit der GEMA sein, in denen im Lichte der Schiedsstellenentscheidung  eine gemeinsame vertragliche Lösung für die Zeit ab dem 1. Januar 2014 gesucht wird. Die mit der GEMA für das Jahr 2013 getroffene Übergangsregelung bleibt weiterhin bestehen.

Gesetzgeberischer Handlungsbedarf

Die Schiedsstellenentscheidung macht deutlich, dass dringender, gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. Eine derartige Vorgehensweise der GEMA könnte sich jederzeit wiederholen. Während tausende Kulturbetriebe in Deutschland monatelang um ihre Existenz bangen mussten, bedurfte es für die Schiedsstelle nur wenige Sätze um auszudrücken, dass die Tarifreform insgesamt einen offensichtlichen Verstoß gegen geltendes Recht bedeutet. Der Gesetzgeber ist dringend aufgefordert, strengere Spielregeln für die monopolistischen Verwertungsgesellschaften einzuführen. Zusätzlich bedarf es einer effektiven und transparenten staatlichen Aufsicht, die gesetzlich verpflichtet ist, die Angemessenheit der Tarife zu prüfen und erforderlichenfalls ihre Veröffentlichung und/oder Anwendung zu untersagen, ohne dass es eines kostenintensiven Schiedsstellen- bzw. Gerichtsprozesses bedarf.

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