Interview mit Lichtdesigner Tim Routledge bei Helene Fischer

EVENT Rookie: Ist dies deine erste Tournee mit Helene Fischer und wie kam es zu der Zusammenarbeit?
Tim Routledge: Ich bin nicht der erste britische Lichtdesigner, der mit Helene zusammenarbeitet und es ist auch nicht mein erstes Projekt mit ihr. Aber dieses Mal wurde ich vom Cirque Du Soleil angesprochen, der die kreative Produktion dieser Tournee übernahm und nach einem Konzert-Lichtdesigner suchte. Sie wollten jemanden haben, mit dem sie eine Show ausarbeiten konnten, die die künstlerischen Bedürfnisse der Akrobatik-Einlagen mit den Bedürfnissen einer modernen „Pop-Show“ in Einklang bringt.

Tim Routledge

EVENT Rookie: Hast du das Lichtdesign komplett allein gemacht oder ist Helene Fischer eine Musikerin, die in diesen Prozess involviert ist und dabei sein möchte?
Tim Routledge: Helene hatte nicht viel mit der Lichtdesign-Entstehung zu tun. Sie interessiert sich sehr für die Akrobatik, die Outfit-Designs und den Styling-Aspekt der Show. Abgesehen von einigen Wünschen bezüglich mancher Farbvarianten konnte ich in Abstimmung mit dem Cirque du Soleil mein eigenes Design ausarbeiten.

EVENT Rookie: Es gibt fast ausschließlich deutsche Lieder und diese muss man an das Lichtdesign anpassen. Ist das manchmal schwierig, die Lieder zu verstehen?
Tim Routledge: ‚Regenbogenfarben‘ ist großartiges Beispiel für eine einfache Übersetzung und ein Thema, mit dem man arbeiten kann. Es war ursprünglich als größerer Song in der Show geplant und hatte einen viel größeren Look. Aber wie bei allen Shows wurde die Setlist verfeinert und am Ende war es ein erhabener Schlussteil des Medleys auf der B-Stage. ‚Google Translate‘ ist dein Freund, wenn man mit fremdsprachigen Texten arbeitet, aber zum Mitsingen während der Arbeit erfinde ich einfach meine eigenen Wörter auf Englisch.

EVENT Rookie: Warum hast du die Scheinwerfer-Auswahl so vorgenommen, wie sie auf der Tour zu sehen ist?
Tim Routledge: Ich bin kein großer Fan davon, viele verschiedene Scheinwerfer in einem Rigg zu verwenden und daher spezifiziere ich immer große Mengen des gleichen Typs. Die Show wird im 270-Grad-Winkel bespielt, sodass man auf allen vier Seiten des Riggs ausreichend viele Geräte benötigt. Das wichtige Keylight erzeugt der Robe Forte – er erschafft mit seiner Größe das schönste bewegliche Licht auf dem Markt. Wir verwenden ihn, um Helene, die Tänzer und alle Akrobaten zu beleuchten. Der wichtigste Spot-Scheinwerfer für Effekte ist der Elation Proteus Maximus – ich wollte den gleichen Scheinwerfer auf dem Boden wie im Rigg und weil wir in der Show viel Wasser haben, brauchte ich einen wasserdichten Scheinwerfer. Ich habe bei Solotech, unserem technischen Dienstleister, ein Shoot-Out zwischen zwei bis drei verfügbaren Scheinwerfern durchgeführt und der Proteus hat sich durchgesetzt. Wir haben auch viele Robe Spiider im Einsatz, die die Rückwand der Bühne bilden und die IMAGs umrahmen. Es ist ein großartiger Mehrzweck-Scheinwerfer. Darüber hinaus sind die gesamte Bühne und die Traversen mit ACME Pixelline ausgestattet. Sie eignen sich perfekt für die Untermalung von Schlagermusik und Helenes Beat-Nummern. Abschließend haben wir den riesigen Diamanten, der die gesamte Cirque du Soleil-Box mit akrobatischen Tricks beherbergt. Dieser ist in vier Reihen Martin VDO Sceptron mit grau mattierter Abdeckung eingefasst, um ihm ein elegantes, modernes Aussehen zu verleihen. Außerdem haben wir den äußeren Rand des Diamanten mit GLP FR10 bestückt, um einen Lichtvorhang-Look zu erzielen.

Die unterschiedlichen Bühnenszenen müssen immer passend beleuchtet werden

EVENT Rookie: Fast zur gleichen Zeit hast du auch das Lichtdesign für den Eurovision Song Contest gemacht. Ist es nicht schwierig, gleichzeitig über zwei verschiedene Projekte nachzudenken?
Tim Routledge: Der Zeitplan für die beiden Produktionen war ziemlich perfekt. Ich hatte seit März 2022 an der Show von Helene Fischer gearbeitet und dann war das Design im Kasten, bevor ich den Eurovision Song Contest zu Papier gebracht habe. Die Proben für Helene Fischer in Belgien begannen eine Woche, nachdem ich das ESC-Rigg allen Delegationen vorgestellt hatte, und die Probenzeit fiel praktisch genau in die Zeit, in der die ESC-Künstler ihre Ideen ausarbeiteten. Als wir mit Helene Fischer fertig waren, ging die Arbeit nahtlos beim ESC weiter. Ich habe alle Sitzungen für den ESC am Vormittag der Proben für Helene Fischer geleitet, sodass ich mich nachmittags und abends auf diese Tour konzentrieren konnte. Es hat tatsächlich sehr gut geklappt und beide Projekte hatten die Zeit und das Engagement, die sie brauchten.

Text+Interview: Simon Kropp
Fotos: Simon Kropp