#4 Audiotechnik: Schwarze Wunderkisten – Teil2

Um einen funktionierenden und gut klingenden Lautsprecher anzufertigen, genügt es nicht, einfach beliebige Tief- und Hochtontreiber zusammen in ein Gehäuse zu packen. Aber was genau muss bei der Konstruktion eines Lautsprechers beachtet werden? Und worin liegen hierbei die wesentlichen Unterschiede zwischen Beschallungssystemen und HiFi-Lautsprecher beziehungsweise Studiomonitoren?

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, hilft ein Blick zurück in die Anfangstage der Beschallungstechnik. Die vordergründige Herausforderung bei der Entwicklung geeigneter Lautsprecher war damals die Erzielung eines guten Wirkungsgrads und eines daraus resultierenden hohen Schalldruckpegels. Dazu muss man wissen, dass ein durchschnittliches Lautsprecherchassis lediglich ein bis zwei Prozent der zugeführten elektrischen Leistung in Schallleistung umwandeln kann – für Studio- und HiFi-Lautsprecher durchaus ausreichend, für ein PA-System hingegen nicht.

Eine gute Abstimmung der Bassreflex-Resonanzfrequenz erzielt einen guten Frequenzgang

Es galt und gilt demnach Möglichkeiten zu finden, den Wirkungsgrad der einzelnen Lautsprechermembranen zu erhöhen. Hier kommt das sogenannte Lautsprecherhorn in Kombination mit einem Druckkammerlautsprecher (engl. Compression driver) ins Spiel. Diese im Grunde seit Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts bekannte Konstruktion ermöglicht eine bis zu zehn-fache Erhöhung des Wirkungsgrads, indem die abgegebene Schallenergie des Treibers durch eine im Verhältnis deutlich kleinere Öffnung (Eingang des Horns) geführt wird. Die Länge und die Austrittsöffnung des Horns müssen dabei üblicherweise ein exponentielles Verhältnis zur Eintrittsöffnung haben. Das Ganze funktioniert übrigens nicht nur für das Mittel- und Hochtonspektrum, wo dieses Prinzip bis heute Standard ist, sondern auch – wenngleich mit komplexen „Nebenwirkungen“– im Bassbereich. Hier wird dann allerdings oft mit „gefalteten“, das heißt mehrfach geknickten und in das Lautsprechergehäuse integrierten Schallführungen gearbeitet, um die eigentlich notwendigen, sehr langen „Hornhälse“ und riesigen Austrittsöffnungen zu vermeiden.

Horn oder Waveguide?

Besonders bei neueren Beschallungssystemen, aber auch Studiolautsprechern begegnet einem oftmals der Begriff „Waveguide“. Aber worin unterscheidet sich dieser von einem Horn? Vereinfacht kann man sagen, dass bei einem Horn die Erhöhung des Wirkungsgrads im Vordergrund steht und bei einem Waveguide primär die exakte Gestaltung des Abstrahlverhaltens. Dies ist insbesondere bei Line-Array-Komponenten, die vertikal eine sehr enge Coverage aufweisen müssen, wichtig. Bei einem Waveguide, der typischerweise einen sehr kurzen „Hals“, sowie gegebenenfalls zusätzliche Schallführungselemente zur Laufzeitanpassung einzelner Frequenzbereiche aufweist, findet dabei meist eine deutlich geringere Luftkompression statt, sodass der zuständige Treiber selbst einen höheren Schalldruck liefern muss. In der Praxis sind die Übergänge zwischen Waveguide und Horn manchmal fließend, das heißt, jedes Horn bietet innerhalb seines Wiedergabebereichs in der Regel einen definierten Abstrahlwinkel und jeder Waveguide steigert in gewissem Maße den Wirkungsgrad.